Inga Meißner
Marienpastorin
Mitfühlen und verstehen
Auf dieser Seite
Marienpastorin Inga Meißner erfüllt sich einen Lebenstraum
Abschied aus Lübeck
Einmal im Ausland leben und arbeiten – diesen Traum erfüllt sich Inga Meißner. Nach genau sechs Jahren verlegt sie Anfang Januar ihren Lebensmittelpunkt von der Hansestadt Lübeck in die malerische Schweiz. „Meine Tochter ist ausgezogen und studiert, ich bin jetzt Mitte vierzig. Wann, wenn nicht jetzt, ist die Zeit für ein neues Abenteuer?“, fragt die Pastorin. Diese Erfahrung sei erst jetzt möglich. Mit an ihrer Seite zieht Labrador „Jon Snow“ in die schweizerische Kleinstadt. Der Verabschiedungsgottesdienst fand am Sonntag, 30. November 2025, in St. Marien zu Lübeck statt.
„Natürlich fällt es mir sehr schwer, Lübeck – und vor allem die St.-Marien-Gemeinde und diese beeindruckende Kirche – zu verlassen“, sagt Inga Meißner. Nach ihrer Zeit als Pastorin in Lauenburg/Elbe und der damaligen Paul-Gerhardt-Gemeinde waren die vergangenen Jahre in Lübeck geprägt von Wachstum, Gemeinschaft und Kreativität. Vieles entstand neu unter der Federführung der gebürtigen Berlinerin. Ein Beispiel wären die kirchlichen Programmpunkte zum Christopher Street Day, die sie in enger Zusammenarbeit mit Pastorin Anne Mareike-Müller von der Laurentius-Gemeinde erweitert hat. „Vor 15 Jahren gab es lediglich den Eröffnungsgottesdienst – heute erstrahlt der Kirchraum zu Beginn der CSD-Woche mit ‚Lights on‘, es gibt den Segen für alle, den Safe Space ‚queer & quiet‘ im Marienwerkhaus, den Stand auf dem Markt ...“, zählt die Geistliche auf. Allein in diesem Jahr waren beim „Segen für alle“ insgesamt sieben Pfarrpersonen beteiligt gewesen.
Auch die religionspädagogische Betreuung der Krippe „Marienkäfer“ und der Kindertagesstätte St. Marien bildeten wichtige Schwerpunkte ihrer Arbeit: „Einer meiner Lieblingsmomente war, wenn Zweijährige ein kleines Eselchen in der Kirche tauften. Diese Andächtigkeit und Heiligkeit zu erleben, ist so anrührend!“ Zudem lag die Mit-Organisation des beliebten „Adventsleuchtens“ und des Volksfestgottesdienstes in ihren Händen. Hinzu kamen zahlreiche Amtshandlungen wie Taufen, Trauungen und Beerdigungen, seelsorgerliche Begleitung, die Mitarbeit im Kirchengemeinderat St. Marien und im Vorstand des Kirchengemeindeverbands der Innenstadtkirchen. Außerdem war sie Ansprechpartnerin für die Seniorenakademie, den offenen Seniorentreff und die Knabenkantorei.
„Ich hatte viele Möglichkeiten, Neues zu entdecken und Kooperationen einzugehen. Ungewöhnliche Wege zu gehen und unkonventionelle Konzepte umzusetzen – das liegt mir“, sagt Inga Meißner. „Ich liebe es, kreativ zu arbeiten, Möglichkeiten auszuloten, Vernetzungen zu schaffen und zu sehen, was sich daraus entwickelt. Offen zu sein für Neues, der eigenen Kreativität zu trauen und auch der Kreativität anderer – dann kann wahrlich Großartiges entstehen.“
Auch gesellschaftlich ist Inga Meißner engagiert – „aber bewusst nicht parteipolitisch“, betont sie. „Ich beschäftige mich mit politischen Themen und finde, dass Kirche sich politisch äußern darf und soll. Dabei spielen die Werte des Christentums eine zentrale Rolle – sie prägen meine Haltung. Das geht gar nicht anders.“
Einer ihrer Lieblingsverse lautet: „Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus“ (Galater 3,28). „Wenn ich meine Bibel also ernst nehme, hat das Einfluss auf meine Haltung gegenüber den Menschen. Unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem sozialen Status oder Geschlecht begreife ich alle Menschen als geliebte Geschöpfe Gottes“, so die Pastorin.
Alle Menschen hätten die gleiche Würde und seien gleichwertig. „So steht es auch im Grundgesetz.“ Für Inga Meißner ist kirchliches Handeln – ja, das Ringen um kirchliche Antworten – immer auch politisch: „Übersetzt aus dem Altgriechischen meint ‚polis‘ Stadt – Politik bedeutet also das Zusammenleben in der Stadt. Für mich ist eine zentrale Frage der Politik wie auch der Kirche: ‚Wie können wir gut zusammenleben?‘“
In ihrer neuen Gemeinde, die in einer traditionsreichen, katholischen Region liegt, wird Inga Meißner bereits ungeduldig erwartet. „Sie finden es großartig, dass ich mich beispielsweise für den Christopher Street Day eingesetzt und neue Dinge ausprobiert habe. Ich darf dort weiter dem Herzstück meiner Arbeit nachgehen – Menschen aller Couleur zusammenzubringen. Und darauf freue ich mich sehr.“
Pastorin mit Herz
Inga Meißner wurde in Berlin geboren, wuchs in Hamburg auf und studierte mit den Schwerpunkten Altes Testament und Kirchengeschichte. Sie absolvierte das Vikariat in Hamburg-Stellingen sowie in der Diakonie Alten Eichen. Von 2011 bis 2015 arbeitete sie als Pastorin in Lauenburg/Elbe, dann in der Paul-Gerhardt-Gemeinde in Lübeck. Die Hansestadt liebt Inga Meißner seit ihrem ersten Besuch vor rund zwanzig Jahren – und auch das Buddenbrookhaus: „Ich verehre Thomas Mann. Wie schön, dass auch Toni Buddenbrook in St. Marien konfirmiert wurde“, sagt Meißner.
Stadtkirchliche Aufgaben
„In St. Marien habe ich eine 50%-Stelle inne und übernehme hauptsächlich stadtkirchliche Aufgaben. Das heißt, Veranstaltungen planen und durchführen, Visionen entwickeln und umsetzen, um den Kirchenraum für alle Menschen auf besondere Art und Weise erfahrbar zu machen“. Dies sei ein Teil ihres Berufes, den sie besonders schätze: die kreative Freiheit. „Wenn ich eine Idee mit meinem Glauben zusammenbringe, hat dies das Potenzial, etwas Großes zu werden“. Und Inspirationen findet Inga Meißner dafür auch direkt in St. Marien: „Schon als Jugendliche habe ich diese Kirche besucht und mir gewünscht, einmal hier arbeiten zu dürfen. Nun wird dieser Traum wahr“. Beeindruckend findet die Seelsorgerin natürlich die Bauart und die Geschichte der einzigartigen Kirche, aber auch die besondere Atmosphäre: „Hier erfahre und spüre ich Gott sehr intensiv. Das macht was mit mir. Das ist Gänsehaut pur“.